8. Zürcher Hausärztetag

«Realitätscheck Nachwuchsförderung: Aktuelle politische Strategien für die Zukunft der Haus- und Kinderarztmedizin. Welche politischen Massnahmen greifen? – Perspektiven aus Ausbildung, Politik und Praxis»

 

Am 30. Oktober 2025 versammelten sich mehr als 100 Fachpersonen aus Haus- und Kinderarztmedizin, Politik und Universität zum Austausch über die Zukunft der Grundversorgung. Im Mittelpunkt standen Wirkung und Grenzen aktueller Nachwuchsförderung sowie die Frage, welche Schritte zur Verbesserung der Situation jetzt nötig sind und wo die Politik dies wirkungsvoll unterstützen kann.

Ausbildung heute: zu wenig Praxis, zu wenig Sichtbarkeit

«Gute Praxiserfahrungen sind der Motor für den Nachwuchs.»

Prof. Thomas Rosemann zeigte im Einstiegsreferat, dass Studierende in Zürich noch immer zu wenig direkten Kontakt zur Grundversorgung haben. Trotz Präsenz der Grundversorgung im Unterricht in jedem Studienjahr bleibt das Einzeltutoriat im vierten Studienjahr die einzige obligatorische Praxiserfahrung – und dies obwohl gut begleitete Einsätze in Praxen nachweislich das Interesse an der Haus- und Kinderarztmedizin stärken.

Mit Med500+ und der geplanten Curriculumreform stehen grosse Veränderungen bevor: Mehr Studienplätze, ein kompetenzorientierter Aufbau und mehr Praxisbezug. Doch der Bedarf an Lehrpraxen steigt massiv und schon heute fehlen Lehrärzt:innen. Ohne klare finanzielle Unterstützung der Lehrarztpraxen ist eine breitere Verankerung der Hausarztmedizin nicht realisierbar. Ein weiterer zentraler Punkt: Solange Lohn und Anerkennung hinter spezialisierten Fächern zurückbleiben, bleibt der Beruf als Haus- und Kinderärzt:in zu wenig attraktiv.

Das Freiburger Modell: Politik als Schlüssel

«Mehr Grundversorger ausbilden geht nur mit klarer Finanzierung.»

Prof. Pierre-Yves Rodondi stellte ein Ausbildungsmodell vor, das Wirkung zeigt. In Freiburg wurden ein neuer Master mit Schwerpunkt Hausarztmedizin, obligatorische 58 Praxistage, longitudinale Praxisblöcke und ein Camp für Hausarztmedizin eingeführt. Parallel dazu wurde die Vergütung der Lehrärztinnen und Lehrärzte verbessert. und das Praxisassistenzprogramm ausgebaut.

Die Resultate sind beeindruckend: Die ersten Kohorten erzielten nationale Spitzenplätze in praktischer und theoretischer Ausbildung. Der Erfolg zeigt, wie stark politische Priorisierung und gezielte Finanzierung den Nachwuchs beeinflussen.

«Die Grundversorgung ist die einzige Fachrichtung, die bei einer ausreichenden Ärztedichte eine Kostensenkung ermöglicht» 

Podium: breite Einigkeit – aber grosse Herausforderungen

Mit dabei:

  • Kantonsrät:innen Claudia Hollenstein (GLP), Benjamin Walder (Grüne), Dr. Josef Widler (Die Mitte),
  • Prof. Jan Loffing (Projektbeauftragter Med500plus),
  • Prof. Thomas Rosemann (IHAMZ),
  • Lara Schneider (Verband Junge Hausärzt:innen und Kinderärzt:innen Schweiz).
  • Moderation: Dr. Philippe Luchsinger (Past-Präsident mfe Schweiz).

In einer angeregten Diskussion wurde deutlich: Die politische Bereitschaft ist vorhanden, die Nachwuchsförderung zu stärken und die Versorgungssicherheit mit einer starken Grundversorgung in Zukunft zu sichern. Gleichzeitig bremsen universitäre Strukturen und ein stark klinikorientiertes Studium die Umsetzung. Einigkeit bestand darin, dass die Grundversorgung im Studium klar aufgewertet, sowie deren Attraktivität zwingend stärker in den Mittelpunkt gestellt werden müssen.

Für die Umsetzung braucht es die Politik 

mfe Zürich setzt sich für folgende Massnahmen ein:

  • obligatorische Praktika im Wahlstudienjahr von ein bis zwei Monaten in Haus- oder Kinderarztpraxen 
  • faire Vergütung und gute Rahmenbedingungen für Lehrärztinnen und Lehrärzte 
  • mehr frühe und verbindliche Praxismodule im Studium
  • Stärkung der Grundversorgung in der Studienplanung 
  • attraktive Praxisassistenzstellen in allen Regionen 
  • politische und gesellschaftliche Anerkennung sowie Lohngleichheit 

 

«Ein separater Studiengang ist nicht zielführend. Entscheidend ist ein integratives Curriculum, in dem Grundversorgung selbstverständlich vorkommt – von Anfang an.»

Der Hausärztetag zeigte klar: Wirksame Nachwuchsförderung ist möglich, wenn Politik, Universität und Praxen gemeinsam handeln und die Rahmenbedingungen konsequent verbessert werden.

 

Möchten Sie mehr zu den Inputreferaten und Diskussionen erfahren? Hier geht es zum ausführlichen Bericht des 8. Zürcher Hausärztetags.

 

Save the Date - 9. Zürcher Hausärztetag: 29. Oktober 2026.

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